Videotherapie in der ambulanten Logopädie/Sprachtherapie
während der SARS-CoV2-Pandemie
Silke Wittmar1 , Maria Barthel2, Juliane Leinweber2, Bernhard Borgetto1
1 HAWK, Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit, Goschentor 1, 31134 Hildesheim, silke.wittmar@hawk.de; 2 HAWK, Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit, Gesundheitscampus Göttingen, Philipp-Reis-Straße 2a, 37075 Göttingen
HINTERGRUND
Durch die SARS-CoV2-Pandemie waren Logopäd*innen/Sprachtherapeut*innen gezwungen, sich unvorbereitet mit der Durchführung von Videotherapie (VT) auseinanderzusetzen, während VT seit mehreren Jahren international bereits etabliert ist. Auf Grundlage einer Sondergenehmigung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) kann Sprach-, Sprech-, Stimm- und bedingt Schlucktherapie seit dem 18.03.2020 befristet als VT angeboten werden [1]. Das Projekt „Videotherapie in der ambulanten logopädischen/sprachtherapeutischen Versorgung“ (ViTaL) fokussiert die Chancen durch die praktische Nutzung von VT während der SARS-CoV2-Pandemie im Frühjahr/Sommer 2020.
ZIELSETZUNG & FRAGESTELLUNG
Das Ziel des Forschungsprojektes „ViTaL“ lag in einer Bestandsaufnahme der Durchführung von VT unter den Pandemiebedingungen in der ambulanten logopädischen/sprachtherapeutischen Versorgung. Dafür wurde der Frage nachgegangen, wie sich die Nutzung von VT in der ambulanten logopädischen/sprachtherapeutischen Versorgung gestaltet. Dabei waren insbesondere die technische Umsetzung, die Vor- und Nachteile für Logopäd*innen und Patient*innen durch VT sowie die Patient*innen-Therapeut*innen-Interaktion von besonderem Interesse.
METHODISCHES VORGEHEN
Literaturanalyse
Es wurde eine systematische Literaturrecherche und -analyse zur VT in der (inter-)nationalen logopädischen Versorgung (n:8) auf Ebene von systematischen Übersichtsarbeiten durchgeführt.
Im Zeitraum 03.06.-01.07.2020 wurden ambulant tätige Logopäd*innen/Sprachtherapeut*innen (n:841) mittels Online-Befragung zur Nutzung von VT befragt (n:841). Die Daten wurden anhand der Häufigkeiten statistisch ausgewertet.
Videoanalyse
Es wurde eine fokussierte Videoanalyse von Therapieaufzeichnungen (n:5) aus der ambulanten logopädischen Versorgung durchgeführt [2], u. a. im Hinblick auf die Patient*innen-Therapeut*innen-Interkation.
ERGEBNISSE
Das Poster zeigt ausgewählte Ergebnisse der Online-Befragung. An der Online-Befragung nahmen 841, vorwiegend weibliche Personen (w 94 %, m 6 %) im Alter von durchschnittlich 44 Jahren (± 11 Jahre), mit einer durchschnittlichen Berufserfahrung von 17 Jahren (± 10 Jahren) teil. 86 % der Befragten führten im Erhebungszeitraum VT durch.
Die Therapeut*innen sahen im „Gesundheitlichen Schutz“ (95%) und einer „Erweiterung des Therapieangebots“ (72%) wesentliche Vorteile von VT. Als größte Nachteile wurden eine „begrenzte Methodenauswahl“ (80%) und die „Fehlende reale Begegnung“ (75%) genannt.
DISKUSSION
Die Ergebnisse der Online-Befragung zeigen Übereinstimmungen mit Erkenntnissen der internationalen Literatur. VT kann mit Patient*innen mit verschiedenen Störungen durchgeführt werden [3]. In der Online-Befragung genannte Vor- und Nachteile von VT zeigen sich ebenso in der Literatur [3,4].
SCHLUSSFOLGERUNG
Bisher unbekannte und in der Regelversorgung ungenutzte Potentiale von VT wurden deutlich. VT sollte in die Regelversorgung überführt werden, um die aufgezeigten Potentiale der ambulanten logopädischen/sprachtherapeutischen Versorgung via VT über den Zeitraum der Sondergenehmigung hinaus für Patient*innen zugänglich zu machen.
LITERATUR
[1] GKV Spitzenverband. Regelungen für den Heilmittelbereich aufgrund der COVID-19-Pandemie. Abruf 09.08.2021 auf: https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/ambulante_leistungen/heilmittel/20210706_Corona-Regelungen_Heilmittelbereich_ab_01-01-2021.pdf
[2] Tuma, R. Video-Interaktionsanalyse. Zur Feinauswertung von videographisch erhobenen Daten. In C. Moritz & M. Corsten (Hrsg.), Handbuch Qualitative Videoanalyse (2018). Wiesbaden: Springer, S. 423-444.
[3] Wales, D., Skinner, L. & Hayman, M. (2017). The efficacy of telehealth-delivered speech and language intervention for primary school-age children: A systematic review. Int J. Telerehabilitation, 9 (1), S. 55–70.
[4] Mashima, P.A. & Doarn, C.R. (2008). Overview of telehealth activities in speech–language pathology. Telemedicine and e-Health 14, S. 1101-1117.